Philosophien und Grundsätze sind austauschbar geworden

Die Studie von Rainmaker zeigt, dass sich jedes dritte Logistikunternehmen Integrität, Qualität und Innovation auf die Flagge schreibt. Die über Unternehmenswerte angestrebte Differenzierung gegenüber Wettbewerbern bleibt auf der Strecke.

Publikation im Internationalen Transport Journal. Jetzt den Beitrag herunterladen.

Wieso sind Unternehmenswerte gerade in der Logistik so wichtig?

In Zeiten rasender Entwicklung und ständiger Veränderung durch Kooperationen und Zusammenschlüsse in der Logistikindustrie sucht der Mensch wieder vermehrt nach Halt und Orientierung. Unternehmen reagieren darauf. Sie wollen Vertrauen schaffen und stellen ihre Wertesysteme, Leitbilder, Visionen und Philosophien stärker ins Zentrum. Dieser Trend soll dem Unternehmen helfen, sich zu differenzieren und den Kunden Anhaltspunkte „im Dschungel von Überangebot“ bieten.

Unternehmenswerte sollten jedoch nicht aus Pflichtbewusstsein, sondern aus Überzeugung formuliert werden. Authentische Werte basieren in der Regel auf dem Gründungsgedanken und der Geschichte eines Unternehmens sowie auf den Grundsätzen derjenigen Menschen, die eine Organisation geprägt haben und noch immer prägen.

Wie werden die Werte formuliert?

Untersucht wurden die 50 grössten global aktiven Logistikunternehmen. Die Werte präsentieren sich anhand einer Geschichte über die Unternehmung oder mittels definierten Begriffen wie Innovation, Qualität etc. Dabei finden auch eigene Wortkreationen Anwendung. Rund die Hälfte der untersuchten Betriebe formulieren ihre Werte mittels allein stehender Begriffe. Die andere Hälfte bedient sich einer Geschichte über das Unternehmen. Diese Methode wirkt veranschaulichend und macht die Werte greifbarer. Insgesamt werden rund 160 unterschiedliche Werte genannt. Durchschnittlich führt jedes Unternehmen, welches auf losgelöste Definitionen setzt, ca. sechs Begriffe auf.

Werte der „guten alten Zeit“ wie „Freundlichkeit“, „Ehrlichkeit“, „Rücksicht“ etc. sind genau so zu finden wie Anglizismen (z.B. Excellence, Empowerment, Commitment). Ebenso kommen Begriffe rund um die geografische Präsenz, das Netzwerk oder die eingesetzten Technologien vor. Aber natürlich gelangen auch „Profitorientierung“, „Standardisierung“ oder „Produktivität“, also rein betriebswirtschaftliche Definitionen, zur Anwendung.

Austauschbare Werte

Integrität ist mit 37% der am häufigsten verwendete Begriff, gefolgt von Innovation und Qualität (je 30%). Auf den Rängen drei bis fünf schliesslich werden Termini wie Verantworung und Kundenfokus (26%), «Operational Excellence» und Mitarbeitende (22%) sowie Offenheit (19%) genannt. Die kommunizierten Werte der grössten Logistikunternehmen wiederholen sich sehr häufig; sie sind austauschbar und bieten somit wenig Orientierung für Mitarbeitende und Kunden. Eine Differenzierung der Unternehmungen über die Werte findet viel zu wenig statt. Trotzdem sind es diese Werte, die als Quelle für die kommerziellen Werbebotschaften und die interne Kommunikation genutzt werden.

Und das Rezept für die „richtige“ Präsentation eines Logistikunternehmens?

Gerade weil Umstrukturierung und Veränderung in den vergangen Jahren auch vor den Logistikunternehmen nicht halt gemacht haben, bilden die Wurzeln und die Entwicklung eines Unternehmens eine ideale Basis, um mit glaubwürdigen Werten eine ansprechende Geschichte über das Unternehmen zu erzählen – so die Überzeugung von Daniel Seiler, Geschäftsführer von The Rainmaker Corporation Schweiz GmbH. „Man nehme Gutes der Vergangenheit, Neues der Gegenwart und Mögliches der Zukunft und setze dies in Beziehung.“ Die Vergangenheit vermittelt u.a. die Werte Tradition und Beständigkeit, während die Zukunft Perspektiven aufzeigt und den Geist des Fortschritts und der Innovation darstellen kann. Die Gegenwart bietet Raum für aktuelle Werte.

Analysiert, strukturiert und einfach erzählt, ergibt sich ein verständliches und greifbares Porträt über das Credo einer Unternehmung. Die entstehenden Bilder, Eindrücke und Assoziationen bleiben besser im Gedächtnis haften und bescheren einer Unternehmung so ein unverwechselbares Profil. Die Verwendung von losgelösten Definitionen vermögen meist keine derartig starken und bleibenden Stimmungen zu erzeugen.

Glaubwürdigkeitslücken schliessen

Die Analyse der kommunizierten Werte zeigt auch, dass es oft an der Umsetzung mangelt.

Tatsache ist: In den letzten Jahren nahm die Kundenzufriedenheit auch in der Logistik-Industrie stetig ab. Es mangelt oft an Servicequalität und Innovationskraft. Und dies, obwohl sich praktisch jedes dritte Unternehmen der Qualität, Innovation und dem Kundenfokus verschrieben hat.

Wie lässt sich das ändern? Von zentraler Bedeutung ist, dass jeder Mitarbeitende die Unternehmenswerte kennt und versteht. Die Unternehmenskultur zu prägen und dieser jeden Tag nachzuleben, ist eine zentrale Führungsaufgabe, die sich nicht delegieren lässt. Nur wenn das Management als gutes Vorbild vorangeht, sind Mitarbeitende motiviert, die Werte zu verinnerlichen und im Kundenkontakt zu verkörpern.

Nur authentische Werte sind dabei entsprechend glaubwürdig. Wenn sich eine Unternehmung mit falschen Federn schmückt, führt das zu einer gegenteiligen Wirkung – die Mitarbeitenden und die Kunden fühlen sich an der Nase herumgeführt.

Die grosse Herausforderung ist es also, einen identifizierenden positiven Spirit für das Unternehmen zu entwickeln. Einen Spirit, der das Management beflügelt, die Mitarbeitenden motiviert und die Kunden bindet.

 

Bild: © Stihl024 / www.pixelio.de